Wenn Sie eine Immobilie verkaufen oder vermieten möchten, ist eine Angabe in der Anzeige unumgänglich: die Energieeffizienz. Das zentrale Dokument dafür ist der Energieausweis. Doch kaum hat man sich mit der Pflicht angefreundet, steht man vor der ersten großen Hürde: Verbrauchsausweis oder Bedarfsausweis?
Die beiden Varianten unterscheiden sich grundlegend in ihrer Aussagekraft, den Kosten und der Datenerfassung. Noch wichtiger: In manchen Fällen haben Sie gar nicht die Wahl, sondern der Gesetzgeber schreibt Ihnen eine der beiden Varianten zwingend vor.
Keine Sorge. Wir erklären Ihnen einfach und verständlich den Unterschied, wann Sie welchen Ausweis benötigen und wie Sie garantiert die richtige, rechtsgültige Entscheidung für Ihre Immobilie treffen.
Was ist der Verbrauchsausweis?
Der Verbrauchsausweis, oft auch "verbrauchsorientierter Ausweis" genannt, ist die einfache und kostengünstige Variante.
Wie der Name schon sagt, basiert dieser Ausweis vollständig auf dem tatsächlich gemessenen Energieverbrauch des Gebäudes.
- Berechnungsgrundlage: Die Heizkosten- und Energieabrechnungen der letzten drei aufeinanderfolgenden Jahre.
- Was er aussagt: Er zeigt, wie viel Energie die bisherigen Bewohner oder Gebäudenutzer im Durchschnitt für Heizung und Warmwasser benötigt haben.
- Benötigte Unterlagen: Sie benötigen primär die Energieabrechnungen (z.B. von Gas, Öl oder Fernwärme) der letzten 36 Monate sowie allgemeine Gebäudeinfos (Baujahr, Adresse). Bei Nichtwohngebäuden werden zusätzlich die Stromabrechnungen der letzten 36 Monate benötigt.
Vorteile:
- Günstig: Da keine komplexe technische Berechnung nötig ist.
- Schnell: Die Erstellung ist oft binnen 24 Stunden möglich.
- Einfach: Die benötigten Daten liegen Ihnen meistens bereits vor.
Nachteile:
- Subjektiv: Der Wert ist extrem abhängig vom Heizverhalten der Gebäudenutzer. (Haben die Bewohner es gern kalt? Sind die Bewohner sparsam oder wurde im Winter bei offenem Fenster geheizt?)
- Wenig aussagekräftig: Er sagt wenig über die tatsächliche Bausubstanz aus. Ein schlecht gedämmtes Haus kann einen super Wert haben, wenn kaum geheizt wurde.
Was ist der Bedarfsausweis?
Der Bedarfsausweis, oder "bedarfsorientierter Ausweis", ist die detaillierte und technische Variante. Er ist deutlich aufwändiger, aber auch ungleich aussagekräftiger.
Dieser Ausweis bewertet nicht das Verhalten der Bewohner, sondern die bauliche und technische Qualität des Gebäudes.
- Berechnungsgrundlage: Ein komplexes technisches Verfahren (nach DIN V 18599), das die gesamte Gebäudehülle analysiert.
- Was er aussagt: Er berechnet den theoretischen Energiebedarf, den das Gebäude hat, um auf einer Standard-Innentemperatur gehalten zu werden – völlig unabhängig davon, wer darin wohnt.
- Benötigte Unterlagen: Hier werden technische Details benötigt: Grundrisse, Baubeschreibungen, Infos zur Dämmung (Dach, Wände), Art der Fenster (2-fach, 3-fach Verglasung) und Details zur Heizungsanlage.
Vorteile:
- Objektiv: Der Wert ist 100% vergleichbar mit anderen Gebäuden, da das Nutzerverhalten keine Rolle spielt.
- Aussagekräftig: Er zeigt die echten energetischen Schwachstellen des Gebäudes auf.
Nachteile:
- Teurer: Die technische Berechnung ist aufwändig und erfordert Expertenwissen.
- Langsamer: Die Datenerfassung und Berechnung dauern länger.
Die entscheidende Frage: Wann ist welcher Ausweis Pflicht?
Jetzt wird es wichtig. In vielen Fällen haben Sie die Wahl, aber in einem bestimmten Fall müssen Sie den teureren Bedarfsausweis wählen.
Die große Ausnahme: Bedarfsausweis-Pflicht
Sie sind gesetzlich zum Bedarfsausweis verpflichtet, wenn Ihr Gebäude alle folgenden Kriterien erfüllt:
- Es ist ein Wohngebäude.
- Es hat weniger als 5 Wohneinheiten (also 1-4 Wohnungen).
- Der Bauantrag wurde vor dem 1. November 1977 gestellt.
- Das Gebäude wurde seither nicht so saniert, dass es die Standards der ersten Wärmeschutzverordnung (WSchV 1977) einhält.
Was heißt das im Klartext? Für fast alle "klassischen" unsanierten Altbauten (Ein- oder Zweifamilienhäuser) von vor 1977 ist der Bedarfsausweis Pflicht. Wenn Sie nicht nachweisen können, dass eine umfassende Sanierung stattgefunden hat, müssen Sie diese Variante wählen, um rechtssicher zu sein.
In diesen Fällen haben Sie immer die Wahl:
In allen anderen Fällen können Sie frei zwischen dem günstigen Verbrauchsausweis und dem detaillierten Bedarfsausweis wählen:
- Für alle Wohngebäude mit 5 oder mehr Wohneinheiten (egal welches Baujahr).
- Für alle Wohngebäude mit Bauantrag nach dem 1. November 1977.
- Für alle Nichtwohngebäude (Gewerbe, Büros) – hier gelten eigene Regeln, aber es besteht meist Wahlfreiheit.
- Für sanierte Altbauten, die nachweislich den Standard von 1977 erfüllen.
Fazit: Keine Angst vor der Wahl
Die Wahl zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweis ist entscheidend für die Rechtsgültigkeit Ihres Energieausweises. Während der Verbrauchsausweis eine schnelle und günstige Momentaufnahme des Verhaltens der Gebäudenutzer liefert, ist der Bedarfsausweis eine objektive, technische Analyse des Gebäudes.
Bei den meisten neueren Gebäuden haben Sie die Wahl. Bei unsanierten Altbauten mit wenigen Wohnungen ist der Bedarfsausweis jedoch Pflicht.
Der einfachste Weg: Sie müssen sich das nicht alles selbst merken. Unser intelligenter Online-Assistent stellt Ihnen zu Beginn die entscheidenden Fragen (Baujahr, Anzahl der Wohnungen). So stellen wir sicher, dass Sie automatisch durch den Prozess für den einzig korrekten und rechtsgültigen Energieausweis für Ihre Immobilie geleitet werden.